Mit grösseren Brennweiten und mit längeren Verschlusszeiten steigen die Ansprüche an die Präzision der Nachführung der Montierung. Wenn bei langen Aufnahmen das Bild anfängt abzudriften und man äussere Einflüsse wie Wind, ungenügende Poljustage oder schlechte Balance bereits beseitigt hat, wird es Zeit sich mit dem Guiding auseinander zu setzen.
Beim Guiding wird während der Aufnahme ein Leitstern verfolgt und bei Abweichungen werden entsprechende Korrekturen an der Nachführung vorgenommen.
Früher ging das noch mit Hilfe eines Fadenkreuzokulars manuell von statten, doch heute kann das ganze mit Hilfe von Computer oder Stand-Alone-Geräten automatisiert werden.
Doch was braucht man jetzt genau um ein präzises Guiding zu erreichen?
Leider findet man zu diesem Thema nur wenige konkrete Informationen. Die einen sagen, man müsse eine bestimmte Brennweite nutzen und andere empfehlen bestimmte Guidekameras, Autoguider, usw.
Oft basieren diese Informationen auf Erfahrungen mit einem bestimmten Setup, das sich nicht so einfach auf ein anderes übertragen lässt und auf viel Trial & Error basiert.
Das wichtigste was wir zuerst wissen müssen, ist was nachgeführt werden soll. Welche Brennweite hat das Teleskop und mit welcher Kamera wird fotografiert. Wichtig hierbei ist vor allem mit welcher Auflösung pro Pixel fotografiert wird. Die Auflösung lässt sich mit folgender Formel ermitteln: 206 x Pixelgrösse / Aufnahmebrennweite
Jetzt wissen wir, mit welcher Auflösung Nachgeführt werden muss. Idealerweise passt man die Guiding-Auflösung so nahe wie möglich an die Aufnahme-Auflösung an. Ist die Auflösung zu grob, ist das Guiding zu ungenau. Eine zu feine Auflösung ist weniger schlimm, bringt aber auch nichts und kann dazu führen, dass überkompensiert wird, man den Luftunruhen hinterherrennt und die Nachführung so nicht zur Ruhe kommt.
Man sollte also die Guiding Brennweite und die Pixelgrösse der Guidekamera bzw. des Stand-Alone-Autoguiders an die Auflösung der Aufnahme anpassen.

Am einfachsten geht das mit einem Off-Axis-Guider. Hier wird
mit einem kleinen Prisma ein Teil des Lichts direkt aus dem Strahlengang vor
der Kamera abgezweigt und auf den Guider umgeleitet. So nutzt der Guider die
gleiche Optik wie die Kamera und „sieht“ das gleiche. Man braucht
einfach noch eine Nachführkamera mit ähnlich grossen Pixeln wie die Hauptkamera.
Der Vorteil ist, dass man kein zusätzliches Leitrohr benötigt und Fehlerquellen
wie Verwindungen zwischen den Komponenten und Bewegungen des Spiegels wegfallen.
Der OAG hat aber auch seine Nachteile. Das Prisma im Strahlengang verursacht
Vignettierungen und das nutzbare Gesichtsfeld ist eingeschränkt, was das finden
eines passenden Leitsterns schwieriger macht. Ausserdem muss der OAG irgendwo
innerhalb des Backfokus untergebracht werden, was bei Teleskopen mit relativ
kurzer Fokusdistanz schwierig wird und je nach Ausrüstung wird es eng hinter
dem Teleskop.

Die andere Möglichkeit ist ein Leitrohr, das auf dem Teleskop mitreitet. Hier sollte die Brennweite der Pixelgrösse und der Durchmesser der Empfindlichkeit des Guiders angepasst werden. So reicht bei einer empfindlichen Kamera mit kleinen Pixeln meist schon ein kleines Sucherfernrohr mit 50-60mm Öffnung und 200-300mm Brennweite aus um ein grosses Teleskop nachzuführen. Der grösste Vorteil eines Leitrohrs ist das grosse Gesichtsfeld, was das finden eines passenden Leitsterns deutlich vereinfacht. Um die bereits erwähnten Verwindungen unter den Komponenten zu vermeiden, sollte das Leitrohr über eine stabile Montierung mit dem Teleskop verbunden sein. Bei Spiegelteleskopen kommt noch das Problem des Spiegelshiftings dazu. Bewegt sich der Hauptspiegel im Teleskop, bekommt das der Guider auf oder neben dem Teleskop nicht mit, was zu Fehlern in der Nachführung führen kann. Eine Spiegelarretierung wie z.B. bei den EdgeHD Optiken von Celestron beseitigt dieses Problem.

Zum Schluss nochmal zurück zu der Genauigkeit. Wie genau man an die Aufnahmeauflösung kommen muss hängt auch von der eingesetzten Software bzw. den Möglichkeiten des Stand-Alone-Guiders ab. Moderne Software ist in der Lage, Abweichungen im Subpixelbereich zu registrieren, was ein Auflösungsverhältnis von Aufnahme zu Guiding von 1:5 und mehr zulässt. Das reduziert die Anforderungen an die Brennweite deutlich, was kleinere und leichtere Leitrohre möglich macht.
Im Stark-Labs Blog gibt es einen interessanten Beitrag über die Genauigkeit von PHD.
In Idealbedingungen kann theoretisch eine Abweichung von 1/250 Pixel registriert werden und in Realbedingungen kommt man immer noch auf etwa 1/5 bis 1/50 Pixel Genauigkeit.

Für all die, denen die ganze Rechnerei zu mühsam ist, gibt es im Internet natürlich auch hilfreiche Rechner.
www.astronomy.tools bietet eine Vielzahl an praktischen Rechnern und Tools rund um die Astronomie. Im Guidescope Suitability Rechner gibt man einfach Ausrüstung bzw. die Werte ein und schon erhält man unten das Guiding Verhältnis für das eingegebene Setup.
Zuletzt gilt beim Guiding das gleiche wie auch bei der Aufnahme selbst. In den meisten Fällen gibt der Himmel die maximal mögliche Auflösung vor. Ist die Luft unruhig, muss man sich auch mit weniger Präzision beim Guiding abfinden und versuchen das beste rauszuholen.